Archiv der Kategorie: Ausstellungen
Written Room in Fondazione Merz, Turin – August bis Oktober 2011
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„PARASTOU FOROUHAR“, Leighton House Museum, London, 1.10 -5.11.2010
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TASWIR
Islamische Bildwelten und Moderne:::::Pictorial Mappings of Islam and Modernity
Martin-Gropius-Bau, Berlin
05. 11. 2009 …… 18. 01. 2010
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Un plan simple 3/3 , 30.09-12.12.2009
Tél. 01 42 87 08 68 – Fax 01 42 87 64 66
vernissage mardi 29 septembre à partir de 18 h
Gaëlle Boucand, Peggy Buth, Barbara Bloom, Parastou Forouhar, Andrea Fraser, Andrew Grassie, Norma Jeane, Laura Lamiel, Riccardo Previdi, Kiki Smith, Julien Tiberi
Une proposition du collectif de commissaires d’exposition Le Bureau
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Facts & Illusions
Henry Moore Gallery
Royal College of Art, London
Thursday 15th – Saturday 17th October 2009
Opening times 10am – 8pm
Magic of Persia is presenting a pioneering and unique exhibition of video work by 14 Iranian artists, in the RCA’s Henry Moore Gallery. Curated by Dr Sami Azar, former director of the Tehran Museum of Contemporary Art, the show is the first time that contemporary Iranian video artists have been shown on such a scale in London. Established names such as Farideh Lashai and Avish Khebrehzadeh, will be displayed alongside younger video artists, providing a great opportunity to view the diversity of current Iranian video art.
Mania Akbari
Parastou Forouhar
Shahab Fotouhi
Rodin Hamidi
Behnam Kamrani
Simin Keramati
Avish Khebrehzadeh
Khosro Khosravi
Farideh Lashai
Mandana Moghadam
Malekeh Nayiny
Neda Razavipour
Hamed Sahihi
Rozita Sharafjahan
The exhibition will be launched with a champagne breakfast, as part of the Frieze VIP programme, at the RCA 10am – 12pm on Thursday 15th October 2009. The exhibition will come to an end on Saturday 17th October 2009 from 6pm – 9pm with a private cocktail reception at the RCA.
Notes to Editors:
Dr. Alireza Sami Azar
Art historian and architect Alireza Sami Azar was director of the Tehran Museum of Contemporary Arts from 1999 to 2005, and teaches at the Mahe-Mehr Institute for Culture and Art. British-educated, he holds a PhD in architecture and was Professor of the faculty of Fine Arts at Tehran University. During his time at the Museum of Contemporary Arts, Sami Azar curated numerous exhibitions and was responsible for the promotion of many Iranian artists onto the international art scene.
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Vernissage The Promise of Loss: 9 Oktober 2009 – 17 Uhr
Curated by Shaheen Merali
Samira Abbassy, Iman Afsarian, Asgar/Gabriel, Masoumeh Bakhtiyari,
Shahram Entekhabi, Parastou Forouhar, Shadi Ghadirian, Babak Golkar,
Peyman Hooshmandzadeh, Abbas Kowsari, Mandana Moghaddam,
Amin Nourani, Leila Pazooki, Sara Rahbar, Neda Razavipour,
Behrang Samadzadegan, Rozita Sharafjahan, Jinoos Taghizadeh
Brot Kunsthalle
1100 Vienna, Austria
Absberggasse 27
T: +43-1-512 53 15
F: +43-1-512 53 32
http://www.brotkunsthalle.com/index.html
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Auf der Suche nach der verlorenen Gegenwart – DEJA VU
Vortrag im Rahmen der Veranstaltungsreihe: unter Bäume, Sommer 2009 in Wädenswill, Schweiz
In der altorientalischen Märchensammlung 1001 Nacht heißt es irgendwo:
„Wer hat je Sonne und Mond gemeinsam stehen sehen, dort wo Paradies und Welt an einem Ort zusammen liegen?“
Diese transzendente Raumvorstellung, die die Unzulänglichkeit der Realität zu überwinden versucht, führt uns zu dem Begriff des Paradiesgartens.
Der Garten und das Paradies, zwei Begriffe, die unmittelbar miteinander verknüpft sind. Die Wortbedeutung scheint fast synonym; der Paradiesgarten oder das Gartenparadies?
Eine Trennung der Begriffe nach himmlischer oder irdischer Auslegung ist in vielen Fällen unmöglich und würde dessen kreatives und geistiges Potential aussparen.
Woher kommt die Kombination der Vorstellung vom himmlischen Paradies als Garten und vom irdischen Garten als Paradies? Die etymologische Erklärung des Wortes Paradies ergibt einen ersten Hinweis auf den Garten und führt in das antike Persien. Der altpersische Begriff „Pari-daeza“ bezeichnete einen ummauerten Garten, den persische Adelige anlegen ließen.
Bestimmende Elemente in diesen Gärten waren Schatten spendende Bäume, fließendes Wasser, eine Einfassung des Gartens und seine geometrische Gliederung. Vier üblicherweise angelegte Wasserläufe repräsentierten die Flüsse des Lebens, gleichzeitig spiegelte sich der Himmel in ihnen.
Ein prominentes Beispiel dafür war der Garten des Kurosh oder Kyros, des Gründers der Achämeniden Dynastie vor etwa 2600 Jahren.
Im antiken Orient, in einer Zeit, in der die Mythen der Lebenswelt noch nicht entzaubert waren und all das, was den Menschen an Positivem und Negativem begegnete, mit dem Handeln von Göttern in Verbindung gebracht wurde, war die Vorstellung vom Paradies eine fester Bestandteil des Welterklärungsmodells.
In mesopotamischen Texten wird die Schöpfung oft als Kampf beschrieben, da die Mächte der Natur erst zurückgedrängt werden mussten, um Leben zu ermöglichen. Im Weltbild jener Zeit war es der König, der mit seinem Ordnung schaffenden Handeln den Bestand der Welt erweiterte und das Leben sicherte. Der königliche Garten wurde zum Sinnbild einer solchen Bestrebung. Eine Gegenwelt, die für den Zustand stand, der in dieser Welt gerade nicht erfahrbar war: ein Leben ohne Gefahr und in der Nähe der Gottheit. Der Garten stand für eine friedliche Ordnung, die den als chaotisch erlebten Naturgewalten abgetrotzt war und in der sich der vom diesseitigen Alltag gepeinigte Mensch erholte, sich jedoch gleichzeitig mithilfe selbst gestalteter Maße und Formen kontemplativ der jenseitigen imaginären Welt nähert. Hier erlebt er bereits ein Stück transzendierter Realität, eine Stufe, von der er aus, nach und nach, weitere Ebenen der Realität, hin ins Bildlich-Paradiesische besteigt, dabei die ausschließlich als Realität erlebte körperliche Welt verlassend. So fungiert der Garten auch als Transitraum, in dem der Mensch den Widerspruch zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen der realen Welt und der Vorstellungswelt des Paradieses nicht mehr als antagonistisch und unauflöslich erlebt, sondern kreativ überwindet.
Ein – wenngleich auch fatales – Beispiel dafür waren die Paradiesgärten der später so genannten Sekte der „Assassinen“ im 11. Jhd., versteckt im unzugänglichen Gebirgsmassiv „Takhte Soleiman“ in der Nähe der iranischen Stadt Ghazwin. Hier wurden Heranwachsende in „paradiesischer“ Umgebung aufgezogen, um sie später, mit dem Versprechen, in das wahre, herrlichere Paradies zu kommen, zu Attentatsaktionen zu verschicken.
Die Vorstellung vom himmlischen Garten als Folge der Grundsehnsucht nach einer als defizitär erlebten Alltagsrealität war daher stets rudimentär. Sie fand ihre reale Gestalt im Garten als alternativen Raum. Hier schien das Versprechen auf ein heilvolles und harmonisches Dasein zum Greifen nah.
Diese, sich durch die Jahrhunderte haltende transzendente Vorstellung vom Garten als Paradies, wurde in den jeweiligen Gesellschaften und passend zu den spezifischen kulturellen Gegebenheiten, unterschiedlich ausgelegt und ausgeformt – bis hin zu den säkularen Gegenwelten des 21. Jahrhunderts.
Heute, auf der Suche nach dem Paradiesgarten, entdeckt man in „Google“, unter anderem, Angebote zu Erlebnisparks, Kureinrichtungen und Wellness – Hotels. Die Werbung für diese Art Gegenwelten beinhaltet noch poetische oft klischeehafte Beschreibungen der umgebenden Gartenanlagen. Der Garten bleibt ein fester Bestandteil des Versprechens auf einen heilvollen Lebensraum, auch wenn es in eine kitschige Kulisse verpackt wird.
Auch für mich wurde das Projekt „unter Bäumen“, unter dem Aspekt des heilvollen Lebensraums interessant. Die Dynamik dieser Vorstellung ruft jedoch zwiespältige Gefühle und Gedanken in mir hervor. Um Ihnen diese ambivalente Beziehung darzulegen und meine Gedanken zu einem eigenen künstlerischen Beitrag mit ihnen zu teilen, möchte ich Sie in den reizvollen Garten der Kunstgeschichte mitnehmen, wo diese Suche nach dem heilvollen Lebensraum in unterschiedlicher Form sichtbar wird.
Die persische Miniaturmalerei, die sich in die gesamte, damals weltweit führende islamische Kultur, ausbreitete, veranschaulicht die bereits angesprochene Suche nach dem heilvollen Lebensraum. In ihr ist auch stets der Anspruch erkennbar, bei dieser Suche fündig geworden zu sein.
Schauen wir auf eine beliebige altpersische Miniatur: Im kleinsten Format bedeutet sie dem Betrachter, sie sei ein kleiner Spiegel der von Gott geschaffenen Welt. Sehr oft ist der Schauplatz ein Garten. Unser Blick wird von den geschwungenen Zedern und blattreichen Ästen zu weichen Wolken, Kuppeln und Hügeln, zu den kurvigen Linien der dargestellten menschlicher Körper geleitet. Alle Flächen sind mit detailreichen Mustern abgedichtet – Muster die abgleitet sind von den Formen der Natur. Eine harmonische Weltdarstellung als Zeichen der göttlichen Allmacht und ihrer Schönheit. Diese Welt ist heil und die Kunst gläubig. Das Gebet findet in der Malerei seine Entsprechung.
Mit ihrem Potential an Rhythmus und Poesie zieht die persische Miniatur uns in ihrem Bann, beschert uns schöne Oberflächen, gleichzeitig aber schließt sie eine Öffnung für Abweichungen und Bruchstellen aus.
Diese Kunst ist wie keine andere von Ornamentik und Symmetrie geprägt. Sie ist der Spiegel einer allgegenwärtigen Regelheftigkeit und einer „schönen Ordnung“, die die gesamte Schöpfung durchzieht. Das symmetrische Ornament wird zum Signum der Wahrheit und der umfassenden göttlichen Einheit. Die Unterwerfung unter das Ornament ist der Garant dafür, der menschlichen Hybris zu entgehen.
Was bedeutet aber diese „Ideal Welt“ in unserer Gegenwart, in einer Welt, in der die durchlebten Prozesse unsere Erkenntnis- und Erinnerungswelt verpflichtend prägen und uns von den Miniaturen entfernen.
Ich beschäftige mich in meiner künstlerischen Arbeit mit dieser Frage und mit den damit verbunden Auseinandersetzungen mit dem Ornament.
Das Ornament duldet keine Abweichung. Es verschleiert die Grausamkeit einer totalitären Struktur, die Abweichendes negiert und abtötet. Sie funktioniert als zum Bild gewordene Ideologie- eine disziplinierende (domestizierende) Autorität in der ordnenden Struktur. Die Vereinheitlichung, Gleichschaltung und Zurichtung, der hermetische Ausschluss jeglichen Individuellen Elements, zeigt sich beispielhaft in den ornamentalen Aufmärschen, wie sie alle totalitären Systeme lieben.
Das 20. Jahrhundert bietet eine unerschöpfliche Fülle menschlicher Ornamentik unter dem Diktat der Macht. Sie unterscheidet sich jedoch substantiell von der Rolle, die die Ornamentik im islamischen oder europäischen Mittelalter gespielt hat.
Ist nicht immer auch die Wiederherstellung einer vermeintlichen, schönen Ordnung, deren Störung nur mit härtesten Mitteln begegnet werden kann, nicht auch Anlass für Folter und Mord? Wie immer man die Motivation auch fassen möchte, ob psychologisch, sozial oder ideologisch- die Aufrechterhaltung einer allumfassenden „Ordnung“ gegen „Bedrohungen“, spielt dabei – als Form – immer eine Rolle.
Ein weiteres Beispiel für die Suche nach heilvollen Lebensräumen in der Kunstgeschichte finden wir in der Zeit des Aufbruchs der Romantik.
Hier wird, im Gegensatz zu vorherigen Model, keine umfassende Ordnung für das „Heilvolle“ suggeriert. Hier herrscht das fragmentarische Prinzip, das aus den bestehenden Zusammenhängen die heilvollen Lebensräumen aussondert und sie in den Fokus des Blicks rückt.
Romantik entstand als Reaktion auf das Monopol der vernunftgerichteten Philosophie der Aufklärung und auf die Strenge des durch die Antike inspirierten Klassizismus, als eine Art Rebellion gegen den Zeitgeist.
Die immer stärkere Rationalisierung der europäischen Gesellschaften durch den fortschreitenden Prozess der Industrialisierung, zog eine entzauberte und immer hässlicher werdende Welt nach sich. Auch der Zeitbegriff, war strikt rational definiert und bewegte sich in einer verengten Bahn.
Der Romantiker verortet einen Bruch, der die Welt gespalten habe in die Welt der Vernunft, der „Zahlen und Figuren“ (Novalis), und in die Welt des Gefühls und des Wunderbaren.
Die treibende Kraft der Romantik ist eine in die Unendlichkeit gerichtete Sehnsucht nach der Heilung der Welt. Als Projektionsfläche für diese Sehnsucht boten sich, gewissermaßen als Nebenräume der linear verlaufenden Zeit, alles Ungezähmte, Ursprüngliche, Unberührte und Ungeformte, das sich vor allem in der Natur zeigte – zum Beispiel in nebelverhangenen Waldtälern und mittelalterlichen Klosterruinen. Schönheit und Wahrhaftigkeit wurden nicht in der von Menschen aufgezwungenen Ordnung gesucht, sondern im Naturzustand.
In diesem Sinne beschreibt Schopenhauer den geordneten Garten der Barockzeit als unterjochte Natur, die ihre aufgezwungenen Formen als Abzeichen ihre Sklaverei trägt.
In der romantischen Suche nach heilvollen Lebensräumen spielt die sinnliche Erfahrung eine große Rolle. In der sinnlichen Erfahrung suchte der Romantiker den Zustand aufgehobener Entfremdung.
Die Durchschlagskraft der romantischen Idee vom heilvollen Lebensraum findet jedoch ihre Entsprechung in dem eigenen Metapher des Fragments. Sie bleibt fragmentarisch und die Bandbreite ihrer Wirkung bewegt sich zwischen Rebellion und Weltflucht. Die romantische Rebellion, die heilen Gegenwelten und der ersehnte Paradiesgarten scheitern immer wieder an der Realität.
Ein schönes Beispiel dafür liefert uns die „Ära der Tulpen“ in der osmanischen Zeit.
Im Verlauf des 18.Jh. führten die Zersetzungserscheinungen zur Destabilisierung des osmanischen Reiches. Versuche zur Wiederherstellung der traditionellen Institutionen blieben Erfolglos. In dieser Zeit widmete sich der Sultan der Gartenbaukunst, vor allem der Züchtung von Tulpen, die im Türkischen „Laleh“ (Laleh Devri).
Der Name ist abgeleitet aus dem persischen „Laleh“. Dieses Wort rückwärts gelesen ergibt „Helal“ – Halbmond – das wichtigste Symbol im islamischen Kulturraum, das Helligkeit, Glanz, Erleuchtung, aber auch Macht, versinnbildlicht. Zudem setzt sich das Wort „Laleh“ aus denselben Buchstaben zusammen wie der Name Allahs. Einige
Forscher glauben, dies sei der Grund für das häufige Erscheinen der Tulpe in der osmanischen Kunst. Es ist eine poetische und spielerische Interpretation, die Möglichkeiten der Selbstwürdigung und der emphatischen Deutung der eigenen Kultur Raum lässt, jedoch den Niedergang nicht verhindern kann. Übrigens auch ein zutiefst romantisches Motiv.
Hier zeigt sich auch wieder das ewige Dilemma: Die Gefangenschaft der Menschen innerhalb von Bedürfnissen und Loyalitäten, die sich gegenseitig ausschließen und doch den Raum ihrer Existenz miteinander teilen müssen – das Dilemma zwischen der Wahrnehmung der Realität, die das Harmonische in-der-Welt-sein nicht zulässt und die gleichzeitig auch die Sehnsucht nach dem Harmonischen nicht aufgibt.
Mein Beitrag zum Projekt „Unter Bäumen“ öffnet mir einen Raum, um über dieses Dilemma zu reflektieren. Es wirft Fragen auf, die mich begleiten, wenn ich über das Wandbild nachdenke, das ich malen werde.
Das Bestreben der Malerei ist es, eine Abwesenheit mit dem Schein der Anwesenheit zu füllen. Aber wo liegt die Grenze der Glaubwürdigkeit? Wo liegt die Grenze zwischen Heil und Kitsch, wenn ich versuche eine Vision zu orten? Laufe ich nicht Gefahr naiv oder sogar ignorant zu werden, wenn ich im Kontext der Kunst die heilvollen Lebensräume anpreise, in einer Welt voller Leid und Trauer? Vielleicht geht es hier darum, die Flüchtigkeit des Moments, in dem das hybride Dasein, das der Anwesenheit und Abwesenheit eine gleichzeitige Präsenz einräumt, einzufangen. Vielleicht geht es um die problematische Vermittlung zwischen dem Zeitlosen und Vergänglichen, um die Herstellung einer Koexistenz zwischen Vision und Realität.
Vielleicht steht aber auch das permanente Scheitern im Zentrum dieser Überlegungen und zwar das Scheitern als eine Momentaufnahme, die Momentaufnahme einer Gegenwart, die von Erinnerungen und Erkenntnissen aus der Vergangenheit belastet ist, aber die Hoffnung auf der Zukunft nicht aufgeben kann. Es geht um diese Hybris der Gegenwart, die von der Last der Vergangenheit erdrückt und vom Freiheitsversprechen der Zukunft ermuntert und in der das Scheitern zur Normalität des Lebens wird: Das Scheitern als Synonym für den Versuch, die Gegensätze zu leben und sie auszuhalten. Sie spiegelt die Zerbrechlichkeit der Schönheit wieder, die wir festhalten möchten, so wie wir am Versprechen des Heils und der Wahrhaftigkeit der heilenden Lebensräume festhalten.
Für mich sind das Heile und das Schöne nicht nur durch sich selbst sondern auch über ihren Verlust definierbar. In dieser Wahrnehmung liegen die Ressourcen und Kräfte zur Sorge um sich selbst und auch um die Welt. Und wo kann man diese Sorge besser zum Ausdruck bringen als auf einer Terrasse auf der Anhöhe eines alten Gartens?
Parastou Forouhar – Juni 2009
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Count Down 3
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Count Down 2
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Count Down 1
Re-Imagining Asia in Haus der Kulturen der Welt, Berlin bis 18. Mai 2008
Was geschieht, wenn der Glaube zum Alltag wird? Wenn er nach einer Phase emphatischer Umorientierung, sich aus den Fängen der ideologischen Verkündung löst und wieder in das ihm eigene Muster des Rituals zurückfällt?
Die Erfahrung, insbesondere die visuelle, zeigt, dass der Atem der Alltagskultur länger währt als der des religiösen Dogmas. Das zeigt sich auch im Iran in der Periode der Post-Post-Revolution.
Die symbiotische Beziehung zwischen Glauben und Alltag bekam vor der Islamischen Revolution, in der Zeit forcierter Westbindung – und Orientierung, Risse und brach an den Rändern der Gesellschaft ab. Der schleichende Verfall, aber bisweilen auch abrupte Wegfall des religiösen Alltagsrituals, brachte Traditionalisten und Puristen hervor: Die einen, verzweifelte Bewahrer mit einem Hang zur Donquichotterie, die anderen, fanatische Erneuerer des religiösen Gründungsmythos. Im Iran des Jahres 1979 haben schließlich Letztere sich durchgesetzt und die Macht erobert.
Die von der geistlichen Führung vorgegebenen, neuen religiös-politischen Parolen wurden jedoch in der Folgezeit von den „Normalgläubigen“ gedreht und gewendet, den Gesetzen der Opportunität und Lebenstüchtigkeit folgend, bis sie mehr schlecht als recht den Lebensumständen und spirituellen Bedürfnissen der Menschen angepasst waren. Als Nebeneffekt in diesem Prozess der Umsetzung, wurde aber den Ideologen die Initiative in der Steuerung der Glaubenskultur entrissen. Sie wurde tendenziell zur Sache des so genannten Volksglaubens mit seinen zahllosen Mäandern und Verästelungen in der ritualisierten Alltagskultur und den zum Teil grotesken Formen, die zum Vorschein kommen und die einer so wachen Künstlerin wie Parastou Forouhar nicht entgehen konnten.
Von dieser popularisierten Glaubenskultur gehen allerdings auch Signale der Friedfertigkeit und Kompromissbereitschaft aus, die sich vom Furor ideologisierter Religion oder religiöser Ideologie absetzen und die oft eine Aufforderung dazu sind, die extreme Transzendenz des Jenseits aufzugeben und hier im Diesseits (buchstäblich auf den Boden der Tatsachen) das Leben zu leben.
Wenn in der Anfangsphase der revolutionären Erweckungsbewegung die Trauerprozessionen aus Anlass der Ashura-Tage vom heiligen Ernst und bigotten Fanatismus geprägt waren, so schlichen sich in den Folgejahren, insbesondere in den letzten Jahren, Elemente des Pop in die Zeremonien und Prozessionen ein. Adrett gekleidete junge Männer, die die Märtyrerbanderole um ihre Stirn mehr wie bei einem Skater- Event tragen als aus Anlass einer symbolischen Selbstaufopferung und die religiöse Moritate mit eindeutigen Anleihen aus melancholischen Chansons tremolieren, besetzen Bereiche, die zuvor nur für die linientreuen Anhänger des islamistischen Regimes reserviert waren.
Das Regime der Religionspuristen ist sich der Tatsache nicht bewusst, dass es selbst die Ursache dafür ist, wenn die Inbrunst der Gesänge und das wohlige Massenritual der Selbstkasteiung immer wieder und in immer kürzeren Abständen in eine Art musikalische und erotische Sub- und Popkultur weg kippt.
Entsprechend ergeht es den Spruchbändern, Banderolen und heiligen Insignien, die ihren Fetisch-Charakter bald offenbaren. Nichts bleibt heilig und unantastbar, trotz täglicher Mahnung der Oberen. Der intensive Gebrauch und Vollzug der Religion verschleißt die sakralen Insignien, verändert und verwandelt den Klang heiliger Gesänge und die bildliche Vorstellung der entrückten Schrift im himmlischen Buch. Das liegt in der Natur der Sache.
Genau an dieser Stelle setzen die künstlerischen Schöpfungen von Parastou Forouhar an. Die populäre Formgebung der religiösen Alltagskultur ist ein visuelles Neuland, das sie längst in ihren Werken erschlossen hat. Sie ist ein Pionier auf diesem Gebiet. Abseits der manchmal hysterischen Aufrufe zum Kulturdialog – oder Kampf, betreibt sie künstlerische Archäologie im „Steinbruch“ der iranischen Moderne.
Sie arbeitet diese kulturelle Entwicklung als das heraus was sie ist, nämlich als Arrangement in einem erhellenden Doppelsinn des Begriffs: Das künstlerische Arrangement von traditionellen Stoffmustern und Überzügen mit modernen Gebrauchsgegenständen –und Formen, reflektiert das tägliche Arrangement der Menschen mit dem herrschenden Dogma. Oder sie treibt konsequent das Design und die Formen auf die Spitze, die sie in Geschäften und auf Straßen und Plätzen vorfindet. Eine kontrastreiche Verbindung von gänzlich verschiedenen Formen, Inhalten, Welten – eine künstlerische Präsentation der Vereinigung von verordnetem Geist mit widerstrebender Materie.
In Fortsetzung ihrer Arbeit Trauerfeier ausgestellt unter anderem im Hamburger Bahnhof in Berlin hat sie nun ein Ensemble von 5 Sitzkissen um einen runden Tisch herum geschaffen, mit der Bezeichnung „Count Down“.
Es handelt sich um ein besonderes Möbeldesign, das in den Siebzigern entstanden ist. Nur ist die Lehne zu einer stämmigen Figur mit einem kopfartigen Ende verlängert. Der Überzug irritiert. Er ist, ausgenommen auf der Sitzfläche, aus dem gleichen Stoff mit religiösen Heilssprüchen, wie sie im Trauermonat „Ashura“ überall hängen. Gleichzeitig drängen sich die Umrisse einer sitzenden kräftigen Frau in Burka auf. Überall Erstaunen, nur gebremst durch Ironie, deren breit gefächerte Koloratur, die die Selbstironie und den Mutterwitz einschließt, Parastou Forouhar sicher beherrscht und einsetzt.
Was oder wer wird hier abgezählt? Das Alte oder das Neue? Oder ist der Vorgang selbst ein permanenter Countdown einer aus den Fugen geratenen Lebensform? Wir können uns aber auch in den Schoß der Burka – Dame, in den funktionalen Schick der 70-er, setzen und die, insbesondere für die iranischen Künstler und Intellektuellen zur Lebenshaltung gewordene Wartezeit überbrücken.
Kurz vor ihrem Tod mobilisieren manchmal Todkranke noch einmal alle Lebensenergie und suggerieren so den Schein normaler Lebensfunktionen. Bei der Betrachtung von Parastou Forouhars Werk drängt sich eine Analogie auf: Alte Formen richten sich als Reflex ihres Niedergangs noch einmal auf und hinterlassen Artefakte ihrer hohen Zeit.
Parastou Forouhar ist eine philosophische Künstlerin, die mit visuellem Verstand Denkbilder entstehen lässt, die sie in Stoff und Material umsetzt. Sie überführt dabei jeden, der an Orientalismus und Exotismus denkt, der Oberflächlichkeit und mangelnder Selbstreflexion. Denn, so eine figurative iranische Wendung „Dieses Kamel wird sich auch vor deine Haustür hinlegen!“ Ein Hinweis auf das unbegründete Selbstbewusstsein des westlichen Blicks.
Hamid Ongha, Frankfurt – 2008
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